BiologieNeurobiologie

Reizweiterleitung

Um elektrische Reize im Nervensystem weiterzuleiten, braucht es erst einmal ein Ruhepotential.

Ruhepotential

Beim Neuron besteht im Ruhezustand ein Spannungsunterschied zwischen dem Zellinnenraum und dem umgebenden wässrigen Milieu. Das Ruhepotential besteht als Membranpotential, wobei die Innenseite in Relation zur Außenseite negativ geladen ist (-70mV).

Entstehung

Das Ruhepotential entsteht durch Konzentrationsunterschiede von folgenden Kationen und Anionen innerhalb und außerhalb der Membran:

  • Innerhalb der Nervenzelle mit hoher Konzentration vorliegend
    • Kalium-Kationen (K+)
    • Protein-Anionen (A-)
  • Außerhalb der Nervenzelle mit hoher Konzentration vorliegend
    • Natrium-Kationen (Na+)
    • Chlorid-Anionen (Cl-)

Die Membran ist selektiv permeabel, nur bestimmte Ionen können passieren. Die Protein-Anionen können die Membran nicht, die Chlorid-Ionen nur eingeschränkt passieren.

Kalium-Kationen allerdings können durch bestimmte Ionenkanäle in beide Richtungen diffundieren.

Aufgrund des Konzentrationsgefälles von Kalium-Kationen (chemischer Gradient), diffundieren mehr von innen nach außen (bewegt aufgrund der Brownschen Molekularbewegung). Hierdurch entsteht ein dem chemischen Gradienten entgegenwirkender elektrischer Gradient, welcher zunimmt bis ein elektrochemisches Gleichgewicht bei einer Spannung von -70mV entsteht (die Diffusion ist in beide Richtungen gleich groß / tritt in Summe nicht auf).

Die Natrium-Kalium-Pumpe

An der Membran kommt es immer wieder zu Na+-Leckströmen durch Na+-Kanäle in das Zellinnere, da die Na+-Ionen zum einen elektrisch angezogen werden und zum anderen ein Konzentrationsgefälle herrscht (niedrige Konzentration innen). Um diesen Effekt auszugleichen, gibt es Natrium-Kalium-Pumpen, welche kontinuierlich gleichzeitig zwei Kalium-Kationen nach innen und drei Natrium-Kationen nach außen befördern. Da dies sowohl dem elektrisches als auch dem chemischen Gradienten entgegenwirkt braucht es hierzu Energie in Form von ATP. Durch die Verschiebung im Verhältnis 2/3 werden die Konzentrationsgefälle auch überhaupt erst aufgebaut.

Aktionspotential

Nun wurde der Ausgangszustand erklärt, doch wie kann basierend hierauf ein Reiz weitergeleitet werden?

Die Natrium-Ionen-Konzentration ist außerhalb der Zelle enorm höher als innerhalb. In Kombination mit dem elektrischen Gradienten sorgt dies für eine ,,Anziehungskraft“ nach innen. Nun geschieht folgendes:

  1. Die Axonmembran wird auf einen Schwellenwert gereizt
  2. Spannungsgesteuerte Na+-Kanäle öffnen sich
  3. Konzentrationsgefälle und elektrostatische Anziehung führen zu einem Na+-Einstrom
  4. Es kommt zur Depolarisation und aufgrund der hohen Anzahl an Na+-Kanälen einem Overshoot von etwa +30mV
  5. Nach einer Millisekunde werden die Na+-Kanäle wieder geschlossen
  6. Durch die Depolarisation werden mit einer Verzögerung von ca. 1 Millisekunde spannungsgesteuerte Kaliumionenkanäle geöffnet
  7. Aufgrund der nun positiven Ladung im inneren strömen Ka+-Ionen aus
  8. Hierdurch kommt es zu einer Repolarisation
  9. Kurz sind sowohl die spannungsgesteuerten Kaliumionenkanäle als auch die Kaliumionenhintergrundkanäle offen, es strömen mehr Kalium-Kationen (K+) als nötig aus → Hyperpolarisation / Undershoot

Refraktärzeit

Absolute Refraktärzeit

Natriumionenkanäle besitzen einen kugelförmigen Proteinteil, welcher in das Zellinnere hineinragt. Bei der Inaktivierung der Natriumionenkanäle durch die Spannungsumkehr verschließt jeweils der Proteinteil den Kanal. Hierdurch wird ein weiteres Aktionspotential verhindert (absolute Refraktärzeit). Sobald wieder das Ruhepotential erreicht wird, löst sich der Proteinteil, der Kanal schließt sich und ein Aktionspotential kann wieder ausgelöst werden.

Relative Refraktärzeit

Aufgrund der Hyperpolarisation ist bis die spannungsgesteuerten Kaliumkanäle schließen und sich das Ruhepotential wieder einstellt ein stärkerer depolarisierender Stromimpuls zum Auslösen des Aktionspotentials von Nöten.

Aufgrund der spezifischen Reaktion von Neuronentypen auf Reize hat ein Aktionspotential bei einem bestimmten Neuronentyp immer die gleiche Amplitude (Alles-oder-Nichts-Regel / Tertium non datur).

Reizweiterleitung

Wird an einer Stelle (anfangs meist Axonhügel) das Aktionspotential ausgelöst, so kommt es aufgrund der Ladungsunterschiede im Neuron (an anderer Stelle herrscht das Ruhepotential= zu einer Ladungswanderung. Hierdurch werden nach und nach immer mehr Aktionspotentiale ausgelöst und der Reiz wird weitergeleitet. Aufgrund der Refraktärzeit verläuft der Reiz entlang einer Richtung / kehrt nicht um. Tatsächlich kommt es aufgrund der Myelinscheide zu einem ,,Springen“ des Reizes zwischen den Ranvierschen Schnürringen (siehe Merkzettel hierzu).

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