Wie schrieb Franz Kafka?
Organisation des Schreibens
- Nachts (hier hat er die meisten Eingebungen)
- Teil des streng getakteten Tagesablaufs
- Büro 8-14
- Schlaf 15-19:30
- Spaziergang 1h
- Abendessen
- Schreiben 23-3
- In Abgeschlossenheit
- Schwankungen in der Produktivität
- Dezember 1913 bis Juli 1914 keine größere Arbeit
- Das Urteil - Nacht vom 22. auf den 23. September 1913
- ungewöhnliche Organisation
- → hoher Stellenwert des Schreibens, erhält ihn
- Beleg: Brief an Max Brod (siehe Markierungen im Brief)
- → benötigt den streng getakteten Tagesablauf und das Schreiben in der
- Nacht
- Beleg: Tagebuch: hat sich Frei genommen → Schreibblockade
- selbstgenannte Ursache: fehlende Arbeit
- Beleg: Brief an Max Brod: ,,Lohn für Teufelsdienst”
- → möchte unbedingt produktiv sein
- Beleg: Tagebuch: Unzufriedenheit über zu wenige Seiten
Art des Schreibens
- Versinkt in die Welt des Schreibens
- In einem dunklen Tunnel (ohne selbst die Entwicklung der Figuren / Handlungsverlauf zu kennen)
- Belege: siehe Markierungen bei ,,Im Tunnel”
Brief an Max Brod, gestempelt am 05.07.1922 in Planá
[...] Als ich heute in der schlaflosen Nacht alles immer wieder hin- und hergehn ließ zwischen den schmerzenden Schläfen, wurde mir wieder, was ich in der letzten genug ruhigen Zeit fast vergessen hatte, bewußt, auf was für einem schwachen oder gar nicht vorhandenen Boden ich lebe, über einem Dunkel, aus dem die dunkle Gewalt nach ihrem Willen hervorkommt und, ohne sich an mein Stottern zu kehren, mein Leben zerstört. Das Schreiben erhält mich, aber ist es nicht richtiger zu sagen, daß es diese Art Leben erhält? Damit meine ich natürlich nicht, daß mein Leben besser ist, wenn ich nicht schreibe. Vielmehr ist es dann viel schlimmer und gänzlich unerträglich und muß mit dem Irrsinn enden. Aber das freilich nur unter der Bedingung, daß ich, wie es tatsächlich der Fall ist, auch wenn ich nicht schreibe, Schriftsteller bin und ein nicht schreibender Schriftsteller ist allerdings ein den Irrsinn herausforderndes Unding. Aber wie ist es mit dem Schriftstellersein selbst? Das Schreiben ist ein süßer wunderbarer Lohn, aber wofür? In der Nacht war es mir mit der Deutlichkeit kindlichen Anschauungsunterrichtes klar, daß es der Lohn für Teufelsdienst ist. Dieses Hinabgehen zu den dunklen Mächten, diese Entfesselung von Natur aus gebundener Geister, fragwürdige Umarmungen und was alles noch unten vor sich gehen mag, von dem man oben nichts mehr weiß, wenn man im Sonnenlicht Geschichten schreibt. Vielleicht gibt es auch anderes Schreiben, ich kenne nur dieses; in der Nacht, wenn mich die Angst nicht schlafen läßt, kenne ich nur dieses. [...]
Im Tunnel
Wir sind, mit dem irdisch befleckten Auge gesehn, in der Situation von Eisenbahnreisenden, die in einem langen Tunnel verunglückt sind, und zwar an einer Stelle, wo man das Licht des Anfangs nicht mehr sieht, das Licht des Endes aber nur so winzig, dass der Blick es immerfort suchen muss und immerfort verliert, wobei Anfang und Ende nicht einmal sicher sind. Rings um uns aber haben wir in der Verwirrung der Sinne oder in der Höchstempfindlichkeit der Sinne lauter Ungeheuer und ein je nach der Laune und Verwunderung des Einzelnen entzückendes oder ermüdendes kaleidoskopisches Spiel. Was soll ich tun? oder: Wozu soll ich es tun? sind keine Fragen dieser Gegenden.
→ Übertragen auf ihn: ihm beim Schreiben unbekannter Handlungsverlauf seiner Erzählungen (entwickelt sich beim Schreiben)
→ fühlt sich beim Schreiben sicher
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