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Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs
Geschichtlicher Verlauf
- Juni 1914: Ermordung des österreichisch-ungarische Thronfolgers Erzherzog Franz-Ferdinand und seine Frau Sophie durch Gavrilo Princip.
- Juli 1914: Der deutsche Kaiser Wilhelm II. und der Reichskanzler Bethmann-Hollweg sagten Österreich-Ungarn ihre bedingungslose Bündnistreue zu („Blankoscheck“). Sie ermöglicht, dass Österreich ein unerfüllbares Ultimatum an Serbien stellt.
- Juli 1914: Serbien kommt den Forderungen nach Aufklärung des Anschlags Österreich-Ungarn entgegen und akzeptiert alle Forderungen, soweit sie nicht seine Souveränität einschränken.
- Juli 1914: Österreich-Ungarn bricht trotzdem die diplomatischen Beziehungen zu Serbien ab und erklärt Serbien den Krieg.
- August 1914: Daraufhin leitet Moskau als Bündnispartner Serbiens die Mobilmachung der Armee ein und die deutschen Militärs drängen wiederum auf eine schnelle Reaktion und Deutschland erklärt Russland den Krieg.
- August 1914: Deutschland erklärt Frankreich, das mit Russland verbündet ist, den Krieg.
- August 1914: Mit dem deutschen Einmarsch in Belgien ist der Bündnisfall für England eingetreten und mit der englischen Kriegserklärung sind alle Großmächte Europas beteiligt.
Anlass
Ermordung des österreichischen Thronfolgers.
Ursachen
- Deutscher Blankoscheck an Österreich-Ungarn, österreichisches Ultimatum an Serbien
- Wettrüsten, deutsch-englische Flottenrivalität, öffentliche Begeisterung für den Krieg, militaristische Mentalität, Präventivkriegsdenken
- Imperialismus, Probleme des österreichischen Vielvölkerstaates, übersteigerter deutscher Nationalismus
Kriegsschuldfrage
Argumente für eine Hauptschuld bei Deutschland
- Fritz Fischer (Historiker) vertrat in den 1960er Jahren die Auffassung, die Regierung des Kaiserreichs habe den Krieg gezielt vorbereite
- Deutschland wurde nicht angegriffen, es war kein Verteidigungskrieg
- Gerd Krumeich (Historiker): ,,Die größte Verantwortung für den Krieg, wie er im August 1914 ausbrach, hatte nach meiner Überzeugung Deutschland, weil es versuchte, den Konflikt zu einem „Test“ auf die russische Kriegsbereitschaft auszugestalten."
- Das Deutsche Reich hatte in den Jahren vor dem Krieg stark aufgerüstet. Die Armee zählte 800.000 Mann. Es war eine Zeit der großen Begeisterung für alles Militärische, gerade auch für die neue Kriegsflotte.
- Es ist nicht der deutsche Thronfolger in Sarajewo erschossen worden, sondern der österreichische. Ohne Verpflichtung, ohne Not stellte Deutschland den „Blankoscheck“ aus und ermöglichte Österreich dadurch erst, eine so harte Haltung gegenüber Serbien einzunehmen.
Argumente gegen eine Hauptschuld bei Deutschland
- Großbritannien war die Supermacht dieser Zeit, mit Kolonien rund um den Globus und sah sich durch die deutsche Flotte in seiner Herrschaft über die Weltmeere bedroht. England konnte mit keinem unmittelbaren Interesse oder Bündniszwang ein Eingreifen in einen lokalen Konflikt (zwischen Österreich-Ungarn und Serbien) begründen. Erst der britische Kriegseintritt aber machte aus dem Ursprungskonflikt ein globales Desaster.
- Auch der völkerrechtswidrige Durchmarsch durch Belgien machte Deutschland nicht zum Alleinschuldigen. In den englischen und französischen Kriegsstrategien war Belgien ebenso wenig tabu gewesen. Die Verletzung der Souveränität Belgiens war nicht der Grund, sondern der willkommene Vorwand für das britische Eingreifen.
- Russland kämpfte nicht in erster Linie für das Selbstbestimmungsrecht der slawischen Brudervölker, sondern für eigene expansive Ziele in Osteuropa und am Bosporus.
- Frankreich war nicht passives Opfer deutscher Aggression, sondern durchaus selbst zu einem Waffengang bereit, sofern es Russland und möglichst auch England an seiner Seite wusste.
- Christopher Clark (Historiker): Während Jahrzehnte zuvor ein fein austariertes Kräftegleichgewicht zwischen den Großmächten existiert hätte, habe sich der Kontinent zu Beginn des 20. Jahrhunderts in zwei Bündnisblöcke gespalten – mit dem Deutschen Reich und der Habsburgermonarchie auf der einen Seite, Frankreich, Großbritannien und Russland auf der anderen. Alle Großmächte waren mehr oder weniger dafür verantwortlich, dass es zum 1. Weltkrieg kam.
Verlauf der Diskussion in Deutschland
- In den 1920er Jahren waren es die Bemühungen, Deutschland von der Schuld und damit von den Reparationszahlungen freizusprechen
- In den 1960er Jahren, während der Fischer-Kontroverse, war es die Sorge, wie man als geteilter Staat an der vordersten Front des Kalten Krieges bestehen konnte.
Fazit
Mittlerweile ist die vorherrschende Meinung unter Historikern, dass alle Kriegsparteien, die von Anfang an dabei waren, eine Teilschuld tragen, beziehungsweise dass alle sich dem Kriegsausbruch hätten entgegenstellen, ja ihn hätten verhindern können. „Die Deutschen tragen Schuld am Ersten Weltkrieg – aber nicht mehr als andere“ (Holger Afflerbach)
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